Hans-Furler-Gymnasium Oberkirch

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Besuch bei Alevitischer Gemeinde

Artikel vom: 23.01.2014


Besuch der Alevitischen Gemeinde in Offenburg

Die 8. Klasse des HFG besuchte im Rahmen des Religionsunterrichts uner Leitung von Markus Aronica und Mitwirkung von Siegfried Karg (Religionslehrer im Ruhestand) die Alevitische Gemeinde in Offenburg.

Zwei junge Frauen, Mitglieder der Gemeinde, machten mit der Klasse eine Führung durch ihr Gemeindehaus. Aleviten, so erzählten die beiden Frauen, sind eine muslimische Religionsgruppe aus der Türkei, die viele Jahre lang verboten war. Sie leben nicht streng nach den fünf Säulen des Islams wie andere Muslime (Glaubensbekenntnis, Gebet, Armensteuer, Fasten, Pilgerreise). Die Aleviten gehen insgesamt lockerer mit Vorschriften um als andere Muslime. Sie können z.B. beten, wann und wo sie wollen, und die Frauen brauchen kein Kopftuch zu tragen. Deshalb sieht man nur wenige (ältere) alevitische Frauen mit einem Kopftuch, sie tragen es freiwillig und nicht aus religiösen Gründen.

Die Aleviten verehren ähnlich wie die Schiiten (und anders als die Sunniten) den Neffen Ali und seine Familie als die rechtmäßigen Nachfolger des Propheten Muhammad, allerdings interpretieren sie (anders als die Schiiten) den Koran sehr frei, „mystisch“: Sie glauben, dass sich jeder Mensch mit Gott im Herzen verbinden kann, und zwar bei einem Tanz, bei dem man sich ständig im Kreis dreht und ein Wollkleid anhat, so dass es aussieht, als würde man schweben (Derwischtanz). Dazu wird das gitarrenähnliche Musikinstrument Saz (allgemein Ba?lama) gespielt. Den Tanz leitet ein „Dede“ (Opa) oder eine „Ana“ (Oma) aus den Nachkommen der Familie Alis, beispielsweise ein jüngerer „Baba“ (Vater) kann dabei behilflich sein. Der „Dede“ ist also so etwas wie ein Pfarrer oder Imam und sitzt bei großen Feiern zusammen mit seiner Familie auf einem Podest.

Die Schülerinnen und Schüler besichtigten im Gemeindehaus der Aleviten mehrere Räume: einen Versammlungsraum mit Tischen für Gemeindetreffen und gemeinsam Abendessen, bei denen jeder etwas mitbringt, einen riesigen Saal für große Feiern wie etwa an Neujahr, einen Jugendraum und eine Bibliothek mit vielen Büchern, denn es wird bei den Aleviten viel gelesen, sowie einen Waschraum und einen Gebetsraum. Diesen durfte man nur ohne Schuhe betreten. Im ganzen Raum sind Teppiche ausgelegt und überall liegen große Kissen. Um zu beten, kniet man auf die Kissen. Im Gebetsraum steht auch eine Saz, die Gastgeberinnen zeigten mit ihrem Smartphone ein kurzes Video, in dem ein Muslim dieses Instrument spielt. In allen Räumen des Gemeindehauses hängen Bilder von Ali, im Gebetsraum unter zwölf Fenstern zwölf Bilder von den wichtigsten Familienmitgliedern Alis. Erstaunlich war für die Schülerinnen und Schüler insgesamt, dass Aleviten so offen sind für andere Religionen, denn in der Bibliothek steht eine Bibel und im großen Saal ein Weihnachtsbaum! Damit werden sie ihrem Anspruch gerecht: „Aleviten bekennen sich zu Humanität, Demokratie und den allgemeinen Menschenrechten. Sie bejahen besonders die Meinungs- und Religionsfreiheit. Sie gestehen jedem Menschen ausdrücklich das freie Selbstbestimmungsrecht und damit das Recht auf eigenen Glauben zu. Die Verschleierung der Frau ist bei den Aleviten nicht vorgeschrieben. In ihrer Lehre sind Frauen und Männer gleichgestellt. Bildung wird bei den Aleviten groß geschrieben.

Text: Julius Frey und Niklas Ernst, Klasse 8 (redigiert von M. Aronica); Foto: HFG