Hans-Furler-Gymnasium Oberkirch

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Proteste gegen Kürzungen

Artikel vom: 02.06.2013


Ganztagesbetreuung am HFG
Ganztagesbetreuung am HFG

Eltern und Schule gemeinsam gegen Kürzungen

Mit Briefen an Abgeordnete und Minister haben Elternvertreter gegen die neuesten Sparpläne des Kultusministeriums demonstriert. Sie sehen die Hausaufgabenbetreuung am Hans-Furler-Gymnasium in Gefahr. Als Antwort erhielten sie nur ein Standardschreiben. Nun behalten sie sich Demonstrationen vor.

Die Hausaufgabenbetreuung ist im Hans-Furler-Gymnasium ein fester Bestandteil des Ganztagsprogramms: Schon seit 2005 helfen ältere Schüler in der Mittagspause den jüngeren im Rahmen eines Mentorenprogramms. Seit mehreren  Jahren ist auch an vier Tagen je 90 Minuten lang ein Lehrer zugegen. "Das hat der Hausaufgabenbetreuung eine neue Qualität gebracht", weiß der stellvertretende Schulleiter Volker Wacker. Weil ein weiterer erwachsener, pädagogisch ausgebildeter Ansprechpartner zur Verfügung steht. Nun bedrohen die Sparpläne des Kultusministeriums dieses Erfolgsmodell. Die Behörde will die Zuweisungen für die Hausaufgabenbetreuung aus dem Lehrer-Stundenkontingent der Schulen streichen. 90 Minuten Hausaufgabenbetreuung wurden mit einer Deputatsstunde des Lehrers verrechnet.

Bei den Eltern kommen diese Sparpläne gar nicht gut an. "Der Einsatz von Lehrern ist von den Eltern forciert und begrüßt worden, die Hausaufgabenbetreuung wird sehr gut angenommen", berichtet die Elternbeiratsvorsitzende Judith Baumann-Ceylan. Deshalb hat der Oberkircher Elternbeirat Protestbriefe verfasst, dem sich die Gremien von sieben weiteren Ortenauer Gymnasien und rund 70 Eltern anschlossen.

Nicht nur Ministerpräsident Winfried Kretschmann, die Fraktionsvorsitzenden und die bildungspolitischen Sprecher im Landtag durften sich über einen "blauen Brief" aus Oberkirch "freuen". Auch alle Abgeordneten der grün-roten Regierungskoalition wurden angeschrieben. Die Eltern wehren sich auch gegen die Einsparung von Lehrerstellen, welche das Land aus finanziellen Gründen nicht erneut besetzen will.

"Die Bestrebung zur Haushaltskonsolidierung kann nicht zulasten unserer Kinder und somit zulasten der Zukunft das Landes durchgeführt werden." Dass sie als Antwort nur ein Standardschreiben erhielten, erzürnt die Eltern zusätzlich. Sie behalten sich eine Demonstration in Stuttgart vor. "Wenn schon G8, dann mit guter Ausstattung", sagt Baumann-Ceylan im Hinblick darauf, dass sich landesweit viele Eltern die Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium (G9) wünschen.

Auch die Schulleitung des HFG will die Hausaufgabenbetreuung in der bisherigen Form erhalten – notfalls auf Kosten von Arbeitsgemeinschaften. Das Kultusministerium weist der Schule nicht nur Stunden für den Pflichtunterricht zu (sie werden nicht gekürzt), sondern auch für einen Schulleitungs- und Anrechnungspool und den Wahlbereich. Hier setzen die Kürzungen an – viele Grundschulen können daher nur noch mit Klimmzügen Förderunterricht anbieten. Das HFG soll 7  Anrechnungsstunden weniger erhalten. Nimmt das HFG nun aus dem Poolbereich Stunden für die Hausaufgabenbetreuung, müsste man an anderer Stelle sparen und zwei bis drei AGs streichen oder Anrechnungen für Lehrkräfte, die Sonderaufgaben erfüllen, abschmelzen bzw. streichen.

Für die Elternbeiratsvorsitzende hätte solche Kürzungen eine Reduktion von Vielfalt und Attraktivität des schulischen Angebots zur Folge."Das sind Sachen, die den Weitblick der Kinder fördern", gibt Baumann-Ceylan zu bedenken. Sie sieht die Politik des Ministeriums "mit Scheuklappen auf den Pflichtunterricht ausgerichtet".

"Die Schule übernimmt immer mehr Aufgaben, die früher in der Familie geregelt worden sind", weiß Volker Wacker aus eigener Erfahrung. Die Hausaufgabenbetreuung ist für den stellvertretenden Leiter des Oberkircher Hans-Furler-Gymnasiums nur ein Beispiel von vielen. Auch im Gymnasium nimmt die Heterogenität zu. Fälle, in denen die Schüler nach Unterrichtsende zu Hause von der Mutter erwartet werden und diese über die Hausaufgaben drüberschaut, sind im Renchtal zwar weiter keine Seltenheit. "Bei vielen Kindern ist die Realität aber eine andere", weiß Wacker. Dort sind beide Elternteile berufstätig oder alleinerziehend. Hier setzt die Ganztags- und Hausaufgabenbetreuung des HFG an, in der es nicht nur um Wissensvermittlung, sondern auch um soziales Lernen geht.

Da 80 größere Schüler, angeleitet von rund 10 Obermentoren, die kleinen betreuen, stärke das Modell auch die Identifikation mit der Schule. Die Pläne der Landesregierung weisen für Wacker in die falsche Richtung. Statt einer Kürzung der Ressourcen brauche man angesichts des gesellschaftliche Wandels eigentlich eher eine bessere Ausstattung.

Begründung der Landesregierung für die Kürzungspläne: Die Hausaufgabenbetreuung werde nicht komplett eingespart. Die Anrechnungsstunden seien für Organisation und Koordinierung der Betreuung sowie für die Qualifizierung der Betreuer in den Landeshaushalt eingestellt. Doch diese Aufgaben übernimmt im Hans-Furler-Gymnasium der Caritas-Verband. Für Wacker ist die Argumentation deshalb "komplett weltfremd". Der Gymnasiallehrer glaubt unterdessen, dass die Kürzungen mit Umschichtungen zugunsten der Gemeinschaftsschule zu tun haben. Um für sie Ressourcen freizumachen, werde beim Kontingent der anderen Schulen genauer hingeschaut als bisher.

An den Protesten gegen die Sparpläne der Landesregierung beteiligt sich auch der Oberkircher Gesamtelternbeirat. Er kritisiert neben der Kürzung bei der Hausaufgabenbetreuung: Die Einsparung von 1000 Lehrerstellen landesweit im Jahr 2013 hätte massive negative Auswirkungen auf die schulische Arbeit. Die Kürzung von Kontingenten für den Anrechnungspool gefährdet deren pädagogische Weiterentwicklung. Betroffen sind alle Schularten; die Stunden wurden bisher unter anderem für die Pflege von Fachsammlungen, die Entwicklung von Lehrplänen und Präventionsprogramme eingesetzt. Der Vorsitzende des Gesamtelternbeirats Oberkirch, Wendelin Huber, befürchtet, dass die Einzelförderung der Kinder unter den Kürzungen leidet – mit Folgen für deren schulischen und beruflichen Erfolg. Sein Fazit: "Was man hier einspart, legt man später mehrfach drauf." Die Grünen-Abgeordnete Brigitte Lösch begründet die Sparmaßnahmen unter anderem mit den Schulden, welche die schwarz-gelbe Vorgängerregierung hinterlassen habe, und dem Zwang zur Haushaltskonsolidierung.

Text: P. König/Foto: Wacker