Hans-Furler-Gymnasium Oberkirch

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Freiheit braucht Mut

Artikel vom: 26.10.2025


Freiheit braucht Mut

Im Offenburger Salmen erinnerten junge Schauspielerinnen und Schauspieler mit dem Stück „Wir sind junge Bäumchen“ an die Deportation badischer Juden im Oktober 1940 – eine Aufführung, die unter die Haut ging. Unter den Zuschauern Schülerinnen und Schüler des Leistungsfachs Geschichte und des Abibac-Kurses der J1 des Gymnasiums Oberkirch

Beeindruckend

Mit einer eindringlichen Theateraufführung wurde im Offenburger Salmen an die Deportation badischer Juden im Oktober 1940 erinnert worden. Zwei Schülergruppen des Hans-Furler-Gymnasiums Oberkirch, das Leistungsfach Geschichte und der Abibac-Kurs der 11. Klasse gehörten zu den Gästen. Das Stück „Wir sind junge Bäumchen“ brachte Jugendliche aus Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Frankreich zusammen. Unter professioneller Regie erzählten sie auf der Bühne von einem Kapitel, das bis heute nachwirkt: der Verschleppung von mehr als 6.500 jüdischen Frauen, Männern und Kindern in das südfranzösische Internierungslager Gurs.

Abend mit Haltung

Bevor sich der Vorhang hob, begrüßte die Offenburger Fachbereichsleiterin für Kultur Carmen Lötsch das Publikum mit einer klugen, klaren Rede. Sie erinnerte daran, dass Deportationen nicht von anonymen Mächten oder einer kleinen Clique von Verbrecherb organisiert wurden, sondern letztlich von vielen ganz normalen Deutschen – Beamten, Polizisten, Eisenbahnern, Nachbarn. „Freiheit braucht Mut“, zitierte sie den früheren Bundespräsidenten Joachim Gauck – und stellte damit den Abend unter ein Leitwort, das zum Nachdenken zwang. Dann begann die Aufführung.

Junge Schauspieler mit großer Wirkung

Was die Jugendlichen auf die Bühne brachten, war schlicht beeindruckend. Mit sparsamen Requisiten, Licht und Musik schufen sie Szenen von beklemmender Intensität. Sie lasen Briefe, sprachen aus Tagebüchern, sangen Lieder, die im Lager Gurs entstanden waren. Ihre Körper erzählten vom Verlust der Heimat, vom Hunger, von Angst und Entwürdigung. Kein Wort war zu viel. Kein Moment war leer. Die jungen Schauspielerinnen und Schauspieler trugen die Geschichte mit Haltung und Ernsthaftigkeit. Das Publikum reagierte tief bewegt und erhob sich nach der Aufführung zu stehendem Applaus

Diskussion ohne Mut

Nach der Aufführung sollte das Erlebte im Gespräch vertieft werden. Doch die anschließende Podiumsdiskussion blieb auffallend brav. Fragen aus dem Publikum waren nicht vorgesehen – ein Umstand, der überraschte. Im Saal saßen zahlreiche Schülerinnen und Schüler, auch die Gruppen aus Oberkirch, sichtbar berührt von dem, was sie gesehen hatten. Doch sie bekamen keine Gelegenheit, den Schauspielerinnen oder der anwesenden Großnichte einer Deportierten Fragen zu stellen. Auch an den.Staatssekretär aus dem Kultusministerium Volker Schebesta, dessen Haus das Projekt unterstützte, konnten sie sich nicht wenden. Nach Angaben der Veranstalter war die Diskussion zuvor gar „geprobt“ worden – eine Entscheidung, die den Abend spürbar zügelte. War im Kultusministerium, das für die Moderation der Podiumsdiskussion verabtwortlich zeichnete, die Furcht vor Schülerinnen und Schülern und möglichen kritischen Fragen mit Bezügen zum heutigen, immer virulenter werdenden Antisemitismus zu groß?

So blieb der Abend ein starkes Beispiel für Erinnerung auf der Bühne – und eher ein schwaches für Erinnerung im Gespräch.

 Text/Foto: Volker Wacker