Hans-Furler-Gymnasium Oberkirch

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Götterstreit am HFG

Artikel vom: 25.06.2011


Ein rotes, schräg gestelltes Doppelbett in der Mitte der Bühne, darin schlafend und schnarchend der alte König Menelaos von Sparta (Moritz Busam). Neben ihm seine Frau Helena (Nubia Schweigert), die, gelangweilt von ihrem müden und trägen Gatten, von der wahren Liebe träumt. Wir befinden uns bei den antiken Hellenen, doch – Oh, du armes Griechenland! – damals wie auch heute gibt es große Probleme im Land. Kalchas, der Priester (Tim Huber), beklagt sich über die mangelnde Opferbereitschaft seiner Spartaner, zudem hat eine „Sparta-Studie“ gezeigt, dass Griechenland verdummt und der „Intelligenzstandort Sparta“ in Gefahr ist. Deshalb werden unter dem Motto „Deuten, dichten, denken“ Festspiele des Geistes veranstaltet. Das kommt Paris, Prinz von Troja (Philipp Kroll), gelegen, erhofft er sich doch den Sieg beim Wettbewerb, um den Siegespokal aus der Hand der schönen Helena zu erhalten. Als Schäfer verkleidet lässt er den Mitstreitern Ajax und Achilles keine Chance und gewinnt den Intelligenzwettbewerb. Als Helena ihm den Pokal überreicht, verlieben sich die beiden auf den ersten Blick. Die Theater-AG des HFG unter der Leitung von Daniela Barisic hat sich dieses Jahr höchst Anspruchsvolles vorgenommen, nämlich die 1864 von Jacques Offenbach geschaffene Operette „Die schöne Helena“ aufzuführen – was glänzend gelungen ist. Die französische Textvorlage von Henri Meilhac und Ludovic Halévy wurde kräftig entstaubt und modernisiert, genial der Regieeinfall, die Figur der Alice (Adissa Midzan) zu schaffen, die das Liebestreiben auf der Bühne, das den traditionellen Rollenbildern hoffnungslos verhaftet ist, kritisch kommentiert. Aus Alice Schwarzers Klassiker „Der kleine Unterschied“ zitierend, greift sie ins Geschehen ein und hält den Figuren den emanzipatorischen Spiegel vor die Nase. Naturgemäß stößt sie dabei auf großen Widerstand, vor allem von Paris, der sich mit allen Mitteln um Helena bemüht. Er besticht den Priester Kalchas, damit dieser den unliebsamen Menelaos nach Kreta schickt. Dieser kommt jedoch eher zurück und überrascht Helena und ihren Geliebten beim Liebesspiel. Paris muss Helena zurücklassen und in seine Heimat Troja fliehen. Im dritten Akt fließt der Alkohol in Strömen, die Spartaner werden als nichtsnutziges Partyvolk gezeigt, das sich am liebsten an der Beach-Bar vergnügt. In dieser „religions- und wirtschaftspolitischen Katastrophe“ taucht, wiederum verkleidet, Paris auf und entführt schließlich Helena nach Troja. Vorhang, großer Applaus für die Akteure, für die gut zwanzig Schauspieler, für den 25köpfigen Chor, für die Instrumentalgruppe, die den zahlreichen Zuschauern einen spannenden und unterhaltsamen Theaterabend geboten haben. Hervorheben muss man die schauspielerische und gesangliche Leistung von Nubia Schweigert. Großer Respekt! Auch Philipp Kroll, Tim Huber und Adissa Midzan glänzten in ihren Rollen. Verdienten Szenenapplaus erhielten zahlreiche Nebenrollen für ihr äußerst lebendiges Spiel. Gut einstudiert hat Anna Münchenberg die jungen Instrumentalisten, die ihr Können unter Beweis stellen konnten. Der von Marion Pfleger geleitete Chor überzeugte nicht nur musikalisch sondern auch schauspielerisch, war immer ins Geschehen integriert. Das von Christiane Öztat erarbeitete schlicht-schöne Bühnenbild fügte sich stimmig ins Regiekonzept. In Summe eine äußerst überzeugende Produktion, die mehr ist als die Summe ihrer einzelnen Teile. (Text: Peter Landerl)