Hans Furler als Student und junger Anwalt /
Jurist aus Neigung / Oberkirch wird 1945 neue Heimat
Als Hans Furler 1953 in den Bundestag einzog, konnte er auf eine fast 25 Jahre lange Karriere als Jurist in Pforzheim und Karlsruhe zurückblicken. Den Grundstein für den beruflichen Erfolg bildeten die Studienjahre in Freiburg, Berlin und Heidelberg. Das Abitur in der Tasche, zog es den 17-jährigen Hans Furler nach Freiburg zum Studium der Rechtswissenschaften an die Albert-Ludwigs-Universität. "Mit klopfendem Herzen" schrieb sich der Lahrer Abiturient im April 1922 in das gewaltige Universitätsverzeichnis ein.
Hans Furler war ein fleißiger und ehrgeiziger Student. Immer wieder stellte er sich die Frage: "Werde ich all das, was mir vorschwebt, erreichen?" Die Wahl seines Studienfachs hat er nie bereut. Mit Begeisterung suchte er für komplizierte Rechtsfälle elegante wie einfache Lösungen. Seine Interessen reichten weit über die Grenzen des juristischen Fachs hinaus, umfassten auch Studien der Philosophie und Ökonomie. In seiner freien Zeit stillte er seinen Bildungshunger mit Literatur - auch schöngeistiger - oder dem Besuch von Schauspielen und Konzerten.
Mitglied bei "Teutonia"
Wie für einen Jurastudenten damals üblich, schloss sich Hans Furler einer Verbindung an. Er trat der "Teutonia" bei, gewann dort neue Freunde, musste aber für die Verpflichtungen als Korpsstudent (Kneipenbummel, Fechtstunden, Vorträge) kostbare Studienzeit opfern. Wettmachen wollte er diesen Verlust durch rasches Handeln, richtige Einteilung und zweckmäßige Tätigkeit.
Furler zählte zum freiheitlichen, demokratischen Flügel der »Teutonia«. Beim Stiftungsfest 1930 teilte er in einer Rede nationalistischem Denken eine Absage. Geradezu visionär warb er für die deutsch-französische Annäherung: Nichts hindere den Studenten, die Beziehungen zwischen den großen europäischen Kulturstaaten Deutschland und Frankreich auch unter anderen Gesichtspunkten zu betrachten, als sie offiziell üblich sind. Im Herbst 1923 unterbrach Hans Furler sein Studium in Freiburg für ein Semester in Berlin. In der Reichshauptstadt erlebte der 19-jährige Badener hautnah die instabilen Verhältnisse der Weimarer Republik. Ruhrkampf, Hitler-Putsch und Inflation stellten im Krisenjahr 1923 die junge Demokratie auf eine Belastungsprobe, die sie nur mit größter Mühe bestand. Als Furler in Berlin ankam, hatte die Inflation Schwindel erregende Ausmaße erreicht. Seinen Eltern schrieb er nach Lahr: »Mein Hausherr hat mir eröffnet, dass er wahrscheinlich gezwungen sein werde, auf eine Goldmark pro Woche aufzuschlagen. Dann kostet mich das Brot ungefähr 20 Milliarden pro Woche, bei einem Dollarstand von 65 Milliarden. Weiterhin benötige ich für meine Straßenbahn usw. 55 Milliarden in der Woche. Alles zusammen ergibt 95 Milliarden pro Woche.
Eindrücke und Erfahrungen des Berliner Semesters erweiterten Furlers politischen und kulturellen Horizont. Mehrfach wohnte er im Reichstag Parlamentsdebatten bei und machte sich so selbst ein Bild von den politischen Auseinandersetzungen der Zeit. Fast täglich nutzte er das reichhaltige Kulturprogramm der Weltstadt. Im Theater in der Königsberger Straße sah er Frank Wedekinds »Erdgeist«, in der Philharmonie hörte er die 3. Sinfonie von Gustav Mahler, die er als »gewaltiges Werk« würdigte. Zurück aus Berlin beendete er sein Jurastudium in Heidelberg als Jahrgangsbester mit dem Ersten Staatsexamen. Es folgten der Vorbereitungsdienst in verschiedenen südbadischen Ämtern, das Zweite Staatsexamen und 1928 im Alter von nur 24 Jahren die Promotion mit "summa cum laude" zum Doktor der Jurisprudenz an der Universität Heidelberg.
Habilitation zu teuer
Gerne hätte Hans Furler nun die ihm angeratene Laufbahn als Universitätsprofessor eingeschlagen. Für eine sofortige Habilitation fehlten aber die finanziellen Mittel. Durch den frühen Tod des Vaters musste Hans Furler für den Unterhalt seiner jüngeren Geschwister mit aufkommen. Er verließ zunächst die Universität und stieg in Pforzheim in die Kanzlei eines Anwalts jüdischer Herkunft ein. Einige Jahre später gründete er eine eigene Praxis. Sie entwickelte sich rasch zur führenden Wirtschaftskanzlei Pforzheims.
Furler war Experte für Handels- und Gewerberecht. Zu seinen Klienten zählten renommierte Pforzheimer Schmuck-, Uhren- und Metallfabrikanten. Etabliert als Anwalt trieb er nun auch seine akademische Karriere voran. Im März 1933 habilitierte er sich an der Technischen Hochschule Karlsruhe, wurde Privatdozent und 1940 außerplanmäßiger Professor. Im Zweiten Weltkrieg musste Hans Furler seine berufliche und akademische Tätigkeit in Pforzheim und Karlsruhe ruhen lassen. Zwar wurde er aus gesundheitlichen Gründen nicht zur Wehrmacht eingezogen, hatte aber vom 1. Juli 1941 an im besetzten Straßburg in der Wirtschafts- und Finanzabteilung der deutschen Zivilverwaltung Dienst zu leisten.
Zerstörungen verhindert
Gegen den Willen der Gauleitung setzte er sich dabei wiederholt für die Belange elsässischer Unternehmen ein. Außerdem half er, so weit es ihm möglich war, politisch verfolgten Elsässern. Kurz vor der Befreiung Straßburgs verhinderte er gemeinsam mit Kollegen die Ausführung sinnloser Zerstörungsbefehle. Die letzten Kriegsmonate verbrachte er bei der Wirtschaftskammer Ettlingen und der Industrie- und Handelskammer in Lahr. Nach Pforzheim konnte er nicht zurückkehren. Der verheerende alliierte Luftangriff vom 23. Februar 1945 hatte alle Büroräume zerstört. Oberkirch, die Stadt seiner Frau Gretel, Tochter des Papierfabrikanten August Koehler, wurde Hans Furlers neue Heimat. Seinen Beruf als Anwalt nahm Hans Furler 1948 wieder auf und gründete in Freiburg eine neue Kanzlei. Ein Jahr später kehrte er an die Stätte zurück, wo er einst das von ihm so geliebte juristische Handwerk erlernte, an die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Die Juristische Fakultät ernannte ihn zum außerordentlichen Professor für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht.
Hans Furler war nach eigener Aussage, aus Neigung und mit innerer Anteilnahme Jurist. Auf seinen Fachgebieten gehörte er zu den besten Rechtsgelehrten seiner Zeit. Hoher juristischer Sachverstand, eine breite humanistische Bildung und eine weltoffene Grundhaltung, das waren die bestimmenden Attribute eines erfolgreichen Juristen, aber auch eines großen Europäers.