Hans-Furler-Gymnasium Oberkirch

Seitenbereiche

Zeitzeugin am HFG

Artikel vom: 19.07.2017


Zeitzeugin am HFG

In Zusammenarbeit mit dem Maximilian-Kolbe-Werk ermöglichte das HFG Neuntklässlern die Begegnung mit der Holocaust Zeitzeugin Henriette Kretz. Bericht einer Schülerreporterin.


Am 13. Juli 2017 kam die Holocaust-Zeitzeugin Henriette Kretz an das Hans-Furler-Gymnasium, um den Schülerinnen und Schülern der neunten Klassen von ihren Erfahrungen als slawische Jüdin im 2. Weltkrieg zu erzählen.
Das Zeitzeugengespräch wurde in Zusammenarbeit mit dem Maximilian-Kolbe-Werk ermöglicht, welches schon seit 1973 Überlebende der Konzentrationslager und Ghettos vor allem in Osteuropa unterstützt, und – besonders heute - an die Ereignisse erinnert. Zusammen mit Zeitzeugen will das Maximilian-Kolbe-Werk gegen Hass, Ausgrenzung und Verurteilung kämpfen. 
Henriette Kretz wurde am 26.10.1934 in Lemberg, heute Lwiw in der Ukraine, geboren. Sie wurde in eine jüdische Familie geboren, und lebte, bis sie circa 4 ½ Jahre alt war, in Polen. Später floh ihre Familie vor den deutschen Truppen zurück nach Lemberg, welches unter der Kontrolle Stalins war. Als deutsche Truppen das damalige Polen eroberten, waren die dortigen Juden heftiger Diskriminierung ausgesetzt: Henriettes Vater, der ein Arzt mit gutem Ruf war, durfte nur noch jüdische Patienten behandeln, sie selbst durfte nicht in die Schule gehen, alle Juden mussten einen Davidstern tragen und in jüdischen „Ghettos“ wohnen. Henriette und ihre Familie sollten eines Tages von Soldaten erschossen werden, jedoch konnten sie durch die Hilfe eines ukrainischen Soldaten entkommen. Henriette lebte fortan getrennt von ihren Eltern, versteckt bei einer Bekannten der Familie, wo sie jedoch entdeckt und vor der Deportation in ein Gefängnis gebracht wurde. Nach einigen Tagen wurde sie von ihren Eltern zurück ins Ghetto geholt. Ein Kollege des Vaters half ihnen später bei einer weiteren Flucht. Sie lebten versteckt für etwa ein Jahr auf einem Bauernhof, bevor sie erneut entdeckt wurden. Als sie abgeführt wurden, verlangte Henriettes Vater, sofort erschossen zu werden. Das wurde er, Henriette allerdings konnte zu Fuß fliehen. Ganz alleine fand sie den Weg zu einem Waisenhaus, wo sie aufwuchs. Einige Jahre später wurde sie zu ihrem Onkel Heinrich gebracht, bei dem sie von dort an lebte. Henriette und ihr Onkel sind die einzigen ihrer Familie, die überlebten.
Henriette Kretz betont auch, dass ihre Geschichte kein Einzelfall ist. Damit Schicksale wie das ihre nicht in Vergessenheit geraten, sind Zeitzeugengespräche wichtig. Ihre Berichte helfen, das Unbegreifliche zu verstehen. Bei allem was ihr wiederfahren ist, überraschte es jeden der Schülerinnen und Schüler, dass Henriette Kretz trotz alledem noch an Gerechtigkeit glauben kann, und den Mitwirkenden von damals verzeihen kann. 

 
Text: Schülerreporterin Merle Altegoer (9b)/ Fotos: Dht